Die Verlängerung der gesunden Lebensspanne ist nicht nur unser ganz persönliches Ziel, sondern das einer global stetig wachsenden Longevity-Community. Ein proaktives und selbstverantwortliches Gesundheitsmanagement ist dabei von besonderer Bedeutung, denn eine breit ausgerichtete Vorsorgemedizin ist derzeit nicht mehr als reine Zukunftsfantasie. Um die Versorgung des Körpers mit Mikronährstoffen zu optimieren, hormonelle Gleichgewichte zu kontrollieren oder Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen, setzen wir auf regelmäßige Blutuntersuchungen. Doch wie aussagekräftig sind Laborwerte wirklich und worauf sollte man bei der Blutentnahme achten? Wir sprachen mit Dr. med. Volker von Baehr, ärztlicher Leiter des Instituts für Medizinische Diagnostik IMD Berlin, über die optimale Vorbereitung auf Blutentnahmen, die Aussagekraft von Laborwerten, die Entstehung von Referenzwerten und sichtbare Trends in den Analysewerten.
Lesezeit: 17 Minuten
Die Interviewfragen im Überblick
Was ist hinsichtlich einer Probennahme zu beachten, damit Ergebnisse nicht verfälscht werden?
Welchen zeitlichen Abstand gilt es zum letzten sportlichen Training vor der Probennahme einzuhalten?
Allgemein wird empfohlen, vor einer Blutentnahme viel zu trinken. Was bedeutet das konkret?
Wie stehen Sie zu Bluttests für Zuhause aus dem Internet oder von Apotheken?
Wie begründet sich die Annahme, dass etwa 20 Prozent der Bevölkerung einen Mangel haben?
Was genau bedeutet in diesem Zusammenhang der Begriff „Referenzbevölkerung“?
Ändern sich diese Werte der Referenzbevölkerung im Laufe der Zeit?
In welchen zeitlichen Abständen kommen die Referenzwerte auf den Prüfstand?
Optimale Blutuntersuchungen: Dr. von Baehr vom IMD Berlin über Laborwerte, Referenzwerte und Präventivmedizin
„Es ist anzustreben, dass man sich mit seinen Werten möglichst im mittleren oder noch besser oberen Referenzbereich befindet.“
Unsere Leser interessieren sich für ein eigenverantwortliches und proaktives Gesundheitsmanagement. Sie sind sportlich aktiv und viele nehmen regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel ein. Was ist hinsichtlich einer Probennahme zu beachten, damit Ergebnisse nicht verfälscht werden?
Da ist die Frage, was man wirklich messen will. Wenn man wissen möchte, welche Blutwerte man ohne Nahrungsergänzungsmittel hätte, dann müsste man diese mindestens zehn Tage absetzen oder sogar länger – etwa acht Wochen bei Mineralstoffen oder sogar vier Monate bei Fettsäuren, weil die Erythrozyten 120 Tage zirkulieren.
Meistens will man aber doch wissen, wie der Versorgungsstatus unter der aktuellen Supplementierung aussieht. Dann würde ich immer raten, dass man am Tag der Blutabnahme die Supplemente noch nicht einnimmt, so dass man den „Talspiegel“ sieht und nicht einen artifiziellen „geschönten“ Spitzenwert. Ich würde Supplemente nicht vorher absetzen, weil man sonst nicht wirklich weiß, wo man aktuell liegt. Wichtig ist, immer ungefähr die gleiche zeitliche Abfolge zu haben, wenn man beispielsweise im Abstand mehrerer Monate kontrolliert. Dann kann man die Werte mit dem Vorbefund vergleichen. Zudem sollten Laborkontrollen immer im selben Labor erfolgen, weil sich die Werte in Abhängigkeit von der jeweiligen Nachweismethode unterscheiden können.
„Laborkontrollen [sollten] immer im selben Labor erfolgen, weil sich die Werte in Abhängigkeit von der jeweiligen Nachweismethode unterscheiden können.“
Welchen zeitlichen Abstand gilt es zum letzten sportlichen Training vor der Probennahme einzuhalten?
Es kommt auf die Intensität des Trainings an. Moderates sportliches Training hat keinen signifikanten Einfluss. Von Marathonläufern weiß man aber, dass sich manche Werte für drei bis vier Tage verändern, vor allem durch Verschiebung zwischen intra- und extrazellulärem Raum oder zwischen Gewebe und Blut. Also im Zweifel besser drei bis vier Tage warten, dann kann man nichts falsch machen.
Allgemein wird empfohlen, vor einer Blutentnahme viel zu trinken. Was bedeutet das konkret?
Man sollte nicht dehydriert sein, wenn man zur Blutabnahme geht. Das hat aber eher damit zu tun, dass man bei der Blutabnahme nicht durch stressbedingte Minderdurchblutung des Gehirns umkippt. Mit einem Effekt auf die Blutwerte hat das Trinken eher wenig zu tun. Man müsste schon sehr viel trinken, ehe man im Blut eine merkliche Verdünnung messen könnte – und diese Verfälschung will man ja auch nicht. Im Gegenteil, bestimmte Laborwerte im Urin, die auf das Kreatinin bezogen sind, würde man tendenziell sogar verfälschen, wenn man zu viel trinkt.
Was muss man sonst noch beachten?
Bei einer Blutabnahme aus der Armvene wird immer darauf hingewiesen, dass man nicht zu stark stauen soll. Aber das betrifft im Wesentlichen nur Hämolyse-anfällige Parameter wie die Elektrolyte im Serum, beispielsweise Calcium, Natrium und Kalium. Die meisten Vitamine oder Spurenelemente im Vollblut sind diesbezüglich unkritisch.
Bei Vitaminen ist es unterschiedlich. Vitamin D ist als 25-Hydroxy-Vitamin-D oder freies Vitamin D relativ unkritisch. Bei Vitamin C wäre im Grunde die Blutabnahme im Labor die einzig sinnvolle Möglichkeit, da die Probe auf dem Transport zu instabil ist. Ich persönlich halte die Bestimmung von Vitamin C aber für entbehrlich – ich würde viele andere Laborparameter vorziehen und Vitamin C einfach einnehmen, da keine Gefahr der Überdosierung besteht.
Wichtiger ist zu wissen, dass venös entnommenes Blut, also eine normale Blutentnahme, nicht das gleiche ist wie Kapillarblut oder ein Trockenbluttest mit Kapillarblut. Wir empfehlen anders als manche Internetanbieter oder einige Apotheken bis auf wenige Ausnahmen die venöse Blutabnahme, weil dafür die Studien vorliegen und auch die meisten Referenzwerte sich darauf beziehen.
„Venös entnommenes Blut, also eine normale Blutentnahme, [ist] nicht das gleiche wie Kapillarblut oder ein Trockenbluttest mit Kapillarblut.“
Außerdem kommt es bei der Entnahme von Kapillarblut sehr leicht zu Problemen, die dann die Ergebnisse der Laboruntersuchung verfälschen. Das gleiche gilt für Trockenbluttests, die ja auch mit Kapillarblut gemacht werden. Im Grunde spricht, sofern die Analyse dafür validiert wurde, nichts gegen Kapillarblut. Aber bei der kapillären Blutabnahme ist es sehr wichtig zu beachten, dass sie korrekt durchgeführt wird. Nach dem Einstich mit der Lanzette muss sich ein ausreichend großer Blutstropfen bilden, aus dem die angesetzte Kapillare optimalerweise in einem Zug gefüllt wird oder der auf das Filterpapier übertragen wird. Ein ungeübter Patient wird das bei sich selbst nicht hinkriegen. Häufig quetschen Patienten ihren Finger und drücken so Gewebeflüssigkeit aus der Wunde, was die Werte verfälscht. Zudem sind häufig Luftblasen in der Kapillare. Das Ergebnis sind verfälschte Blutwerte auf den Laborbefunden.
Wenn wir Sie richtig verstehen, würden Sie also von Angeboten im Internet oder in Apotheken eher abraten?
Nicht unbedingt. Aber man sollte zumindest erfragen, wie die Blutprobe ins Labor gelangt. Wenn es heißt, dass das per Post erfolgt, dann würde ich in der Tat abraten. Und mich würde zumindest interessieren, ob die Analyse in einem nach DIN 15189 akkreditierten medizinischen Labor stattfindet. Dann kann man sich darauf verlassen, dass grundlegende medizinische Qualitätsansprüche gewährleistet und behördlich kontrolliert werden, zum Beispiel dass das Labor Ringversuche machen muss, um die Qualität der Analytik sicherzustellen. Der Begriff „Labor“ ist leider nicht geschützt.
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Entspricht es den Tatsachen, dass die Referenzwerte der Labore auf Nüchternblut basieren und deshalb generell alle Blutentnahmen nüchtern erfolgen sollten?
Ob man nüchtern ist oder nicht, hat eigentlich nur einen relativ geringen Einfluss auf die meisten Blutwerte. Lediglich die Triglyzeride, die Blutglukose und einige eher selten angeforderte Stoffwechselparameter werden beeinflusst. In den Hausarztpraxen wird die Nüchternheit immer hochgehalten, weil die Blutabnahmen aus organisatorischen Gründen ohnehin frühmorgens stattfinden und die oben genannten Parameter fast immer im „Standard-Laborprofil“ dabei sind. Hier basieren natürlich die Referenzwerte auf dem Nüchternblut.
Bei allen anderen Laboranalysen, speziell bei den Mikronährstoffen, hat die Nahrungsaufnahme keinen signifikanten Einfluss und wird deshalb auch bei der Referenzwertermittlung nicht beachtet. Bei Hormonen beispielsweise ist die Tageszeit der Blutabnahme viel wichtiger als die Nüchternheit.
Welchen zeitlichen Abstand zur Probennahme empfehlen Sie gegebenenfalls hinsichtlich der letzten Nahrungsaufnahme? Wie verhält es sich darüber hinaus mit Koffein, Nikotin und Alkohol?
Auch das hängt oft von der Analysemethode und vom Messparameter ab. Wenn man Fettsäuren einfach nur im Serum bestimmen würde, hätte die letzte fettreiche Nahrungsaufnahme schon einen großen Einfluss. Wenn man Fettsäuren, wie in präventivmedizinisch spezialisierten Labors üblich, in Erythrozytenmembranen misst, dann hat der kurzfristige Effekt der Fettzufuhr keinen Einfluss auf diese Parameter.
Gleiches gilt für die Analyse der Mineralstoffe im Vollblut, weil hier der intrazelluläre Anteil erfasst wird, der sich durch kurzfristige „Spitzenbelastungen“ nicht verändert. Bei den Vitaminen sehe ich ebenfalls keinen relevanten Einfluss der Nahrungsaufnahme auf den Blutwert. Da müsste man schon sehr vitaminreiche Kost zu sich nehmen. Man kann ja große Obst- und Gemüsemahlzeiten sicherheitshalber vor der Blutabnahme an diesem Tag weglassen.
Koffein, Nikotin und Alkohol haben meines Wissens keine kurzfristigen relevanten wertverfälschenden Einflüsse auf die jeweiligen Mikronährstoffe. Langfristig natürlich schon, aber das will man dann ja auch erfassen.
Insgesamt muss man sagen, dass neben der geschilderten Problematik der Materialauswahl – Kapillarblut versus venöses Blut – der Probentransport ins Labor der weitaus kritischere Punkt im Vergleich zum Zeitpunkt der Probennahme ist.
„Der Probentransport ins Labor [ist] der weitaus kritischere Punkt im Vergleich zum Zeitpunkt der Probennahme.“
Sie bieten durch das IMD Berlin eine kostenlose Abholung von Proben an. Kann tatsächlich jede Person in Deutschland von nahezu jedem Ort ihr Blut vom IMD analysieren lassen?
Ja, jede Person in Deutschland kann von jedem Ort aus ihr Blut im IMD Berlin analysieren lassen, weil unser Kurierdienst in ganz Deutschland und auch in Österreich, der Schweiz und Luxemburg Patientenproben abholen kann. [Anm. d. Verf.: Kostenlos ist die Abholung jedoch nur, wenn sie aus Gesundheitseinrichtungen wie Arzt- oder Heilpraktikerpraxen sowie Krankenhäusern erfolgt. Privatpersonen, die ihre Blut- oder Stuhlprobe von zu Hause abgeholt haben möchten, zahlen den Kurierdienst separat. Informationen zu den Kosten erhältst du hier.]
Um es interessierten Patienten zu erleichtern und um Fehler auszuschließen, haben wir auf unserer Homepage einen Patienten-Webshop. Dort können Patienten, die sich ihre Labordiagnostik selbst aussuchen und initiieren wollen, das Angebot finden, einschließlich aller notwendigen Informationen für jedes Profil oder jeden Parameter. So zum Beispiel, ob es ein zeitkritischer Parameter ist, also ein Kurierdienst nötig ist, oder das Untersuchungsmaterial (Blut, Urin, Speichel oder Stuhl) besonders gelagert oder behandelt werden muss.
In der Regel ist eine venöse Blutabnahme erforderlich, die sich der Patient irgendwo „besorgen“ muss. Aktuell kann ich nur in Berlin die Blutabnahme in unserem Labor anbieten. Das IMD Berlin bemüht sich, in ganz Deutschland Möglichkeiten für Blutabnahmen zu schaffen.
Das Blutabnahmematerial schicken wir nach der Anforderung im Webshop direkt an die Privatpersonen nach Hause. Die Kurieranfahrt kann der Patient über den Webshop problemlos zu sich nach Hause bestellen. Der Befund wird über eine App übermittelt.
Wie geht es nach der Probennahme weiter? Für die Lagerung und den Transport der Proben gelten besondere Standards. Welche Faktoren sind dabei einzuhalten?
Ein Versand per Post ist in den wenigsten Fällen eine gute Option. Wir raten davon dringend ab. Nicht nur die Versandzeit bis zur Ankunft im Labor ist hier unkalkulierbar, sondern vor allem auch die Versandtemperatur und die Temperaturschwankungen. Es gibt Laborparameter, wie zum Beispiel Metallanalysen oder auch einige Allergietests, die kann man durchaus per Post versenden, weil sie nicht anfällig sind. Die meisten Analysen einschließlich der Vitamine, aber vor allem Marker für Entzündung und oxidativen Stress sowie Stuhlanalysen sollten immer nur per Kurier versendet werden. Akkreditierte ärztliche Labore werden die Blutproben per Post für zeit- und temperaturkritische Analysen gar nicht bearbeiten. Nach der Probennahme sollten die biologischen Proben bis zur Abholung durch den Kurierdienst bei Raumtemperatur lagern.
Was bedeutet Raumtemperatur?
Man sagt üblicherweise, nicht unter 16°C und nicht über 28°C. Das zeigt schon, dass Postversand nicht geeignet ist, vor allem nicht im Winter oder im Sommer. Lagerung in Dunkelheit ist für viele Laborparameter optimal und schadet nie. Deshalb haben wir auch die nicht-durchsichtigen Probentüten.
„Ein Versand [von Proben] per Post ist in den wenigsten Fällen eine gute Option. Wir raten davon dringend ab.“
Die unterschiedlichen Analysen erfordern zum Teil eine unterschiedliche Präanalytik. Die präanalytischen Voraussetzungen richten sich primär nach den Analysen, die untersucht werden sollen, und nicht nach dem biologischen Material, also ob nun Blut oder Urin verwendet wird. Einen Parameter, der spätestens nach 24 Stunden im Labor sein muss und keine Temperaturschwankungen erfahren darf, den kann man gar nicht ohne gleichzeitigen Kurier anfordern. Wir wollen nur verlässliche Werte messen und keine „Hausnummern“, die auf dem Transportweg ins Labor entstanden sind.
Leider haben wir keine Blutproben von unseren steinzeitlichen Vorfahren. Woher wissen wir also, welche Analysewerte als gut oder gar optimal anzusehen sind?
Wir können bei Laborparametern der Präventivmedizin immer nur sagen, wo sich der jeweilige Patient bzw. Klient im Vergleich zur Gesamtbevölkerung befindet. Die Referenzwerte bei Mikronährstoffen unterscheiden sich etwas von so genannten „Krankwerten“, wo man durch die Betrachtung des Referenzwertes zwischen krank und gesund unterscheidet.
Bei Mikronährstoffen können Sie in der Regel sagen, dass Sie sich mit Ihren Werten im Referenzbereich befinden, wenn Sie nicht zu den 20 Prozent der am schlechtesten Versorgten in der Referenzbevölkerung zählen, weil pauschal angenommen wird, dass 20 Prozent der Bevölkerung einen Mangel haben.
Wie begründet sich die Annahme, dass etwa 20 Prozent der Bevölkerung einen Mangel haben?
Letztlich weiß niemand, wo der Mangel beginnt und was eine ausreichende oder gute Versorgung ist. Andere sagen, dass selbst 20 Prozent zu hoch gegriffen sind. Diese Diskussionen haben wir.
Auch gibt es hier individuelle Unterschiede. Gerade auch beim Vitamin D. Es gibt Patienten, die können substituieren so viel sie wollen, sie kommen nicht über 35 ng/ml hinaus, wahrscheinlich weil sie ausreichend freies Vitamin D haben, welches dem Organismus „rückmeldet“, dass genügend aktives Hormon am Rezeptor ankommt.
„Letztlich weiß niemand, wo der Mangel beginnt und was eine ausreichende oder gute Versorgung ist.“
Was genau bedeutet in diesem Zusammenhang der Begriff „Referenzbevölkerung“?
Referenzbevölkerung heißt, dass aus der Region (also hier meist Mitteleuropa) augenscheinlich Gesunde genommen werden, bei denen keine Gründe offensichtlich sind, warum sie Mikronährstoffe schlechter aufnehmen oder mehr verbrauchen sollten als andere. Bei uns sind es meist gesunde Labormitarbeiter.
Ändern sich diese Werte der Referenzbevölkerung im Laufe der Zeit?
Sie meinen um zu sehen, dass z.B. der Gehalt an Vitaminen in der Nahrung weniger wird? Nein, zumindest wird das nicht beachtet. Interessanterweise sieht man ja ohnehin kaum eine Altersabhängigkeit.
In welchen zeitlichen Abständen kommen die Referenzwerte auf den Prüfstand?
Im Grunde jährlich, weil man die Stabilität der Methoden überprüft, indem man die Durchschnittswerte eines Jahres mit dem des Vorjahres vergleicht. Wir hatten den Fall noch nicht, aber wenn man hier einen Abfall sehen würde, dann könnte das zwei Ursachen haben: Erstens, die Analysemethode hat sich verändert, oder zweitens, die Durchschnittswerte der Bevölkerung haben sich verändert. Bisher haben wir einen solchen Fall aber noch nicht beobachtet.
Ist damit zu rechnen, dass die Referenzwerte im Laufe der Zeit sich immer mehr an eine eher nicht gut versorgte Referenzbevölkerung angleichen?
Ja, die Gefahr besteht, wenn man hier unkritisch vorgeht. Vielleicht ist der klassische Referenzwert gar nicht geeignet für die Fragestellung. Ein auf Präventivmedizin ausgerichtetes Labor wird hier eher mit Zielwerten arbeiten.
Wenn man Mikronährstoffmedizin macht, darf man nicht pauschal nach roten und schwarzen Zahlen auf dem Befund schauen, sondern man muss den Gesamtblick entwickeln. Wenn Patienten das selbst machen, dann kann man nur den Tipp geben, dass sie nichts falsch machen, wenn sie im oberen angegebenen Referenzbereich liegen und – vielleicht noch wichtiger – ihre Werte im Vergleich zur Voruntersuchung nicht abfallen.
„Wenn man Mikronährstoffmedizin macht, darf man nicht pauschal nach roten und schwarzen Zahlen auf dem Befund schauen, sondern man muss den Gesamtblick entwickeln.“
Was würde anders herum mit den Referenzwerten passieren, wenn eine zunehmende Zahl von Menschen regelmäßig Nährstoffe in hohen Dosen supplementieren würde? Ergäbe dies eine Spirale von immer weiter steigenden Referenz- und daraus abgeleiteten Optimalwerten?
Woher wissen Sie, dass ein durch Substitution erreichter höherer Wert optimal ist? Bei Selen oder auch Vitamin D ist bekannt, dass zu hohe Werte auch negative Effekte auslösen. Vielleicht reguliert ein individueller Organismus (mit seiner eigenen Genetik) auch ganz bewusst dagegen, dass ein Mikronährstoff im Spiegel ansteigt, um pathologische Stoffwechselprozesse zu hemmen.
Ich glaube, dass Optimalwerte sehr individuell sind. Ich persönlich hätte Bedenken, mich bei einem nachgewiesenen Mangel mit hohen Dosen eines Mineralstoffs oder Vitamins gleich in den oberen Referenzbereich oder sogar darüber zu katapultieren. Wir sollten immer bedenken, dass wir damit die natürliche Selbstregulation unseres Körpers erheblich beeinträchtigen können. Bei der Präventionsmedizin geht es nicht um Laborkosmetik, sondern darum, pathologische Stoffwechselprozesse wieder zu optimieren.
Welche Trends beobachten Sie im IMD bezüglich der angeforderten Untersuchungen und den daraus resultierenden Befunden? Woran mangelt es uns hinsichtlich der Nährstoffversorgung ganz besonders?
Es gibt die vier großen Säulen beim Mikronährstoffmonitoring: die Mineralstoffe und Spurenelemente, die Vitamine, die Fettsäuren und die Aminosäuren. Eine ganz klare Zunahme an Anforderungen durch Patienten selbst gibt es vor allem bei den Mineralstoffen, Vitamin D, Vitamin K und den B-Vitaminen.
Bei den Befunden sehen wir im Labor sehr unterschiedliche Konstellationen, was daran liegt, dass viele der Patienten schon Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, so dass wir aus unseren Befunden nicht zwingend darauf schließen sollten, wie die aktuelle Versorgungssituation ohne Supplementierung in Deutschland ist.
„Wir sehen in circa 30 Prozent der untersuchten Proben bei den Mineralstoffen deutliche Abweichungen, vor allem beim Selen, Zink, Kupfer und Mangan. Noch häufiger sehen wir aber eine Erhöhung toxischer Metalle, die unbedingt beachtet werden sollten. Die häufigsten sind Arsen, Quecksilber, Blei, Nickel, Cadmium und Aluminium.“
Ganz deutlich sehen wir das bei der Messung von Lithium als Spurenelement: Hier supplementieren heutzutage sehr viel mehr Menschen als das früher der Fall war, und das spiegelt sich in Laboranalysen deutlich wieder. Aber auch hier ist es so wie bei allen anderen Mikronährstoffanalysen, dass sich in der Regel die gesundheitsbewussten Patienten untersuchen lassen. Ein Querschnitt durch unsere Patienten gibt daher nicht den Durchschnitt der Bevölkerung wieder.
Trotzdem sehen wir schon in circa 30 Prozent der untersuchten Proben bei den Mineralstoffen deutliche Abweichungen, vor allem beim Selen, Zink, Kupfer und Mangan. Noch häufiger sehen wir aber eine Erhöhung toxischer Metalle, die unbedingt beachtet werden sollten. Die häufigsten sind Arsen, Quecksilber, Blei, Nickel, Cadmium und Aluminium.
Bei den B-Vitaminen sehen wir in circa 40 Prozent der Fälle leichte oder mittlere Mangelerscheinungen, weil wir die bioaktive Nachweismethode verwenden und nicht nur die Spiegelbestimmung über die HPLC. Wenn Sie die Spiegelbestimmungen über die HPLC anwenden, sehen Sie nur sehr selten überhaupt einen Mangel. Es kommt also auch immer darauf an, welcher Test verwendet wird.
„Bei den B-Vitaminen sehen wir in circa 40 Prozent der Fälle leichte oder mittlere Mangelerscheinungen.“
Herr Dr. von Baehr, wenn Sie persönlich nur sechs Werte messen lassen könnten, um Ihren Gesundheitszustand zu prüfen, welche wären das?
Ich persönlich würde die Vollblutmineralanalyse, die bioaktiven B-Vitamine, das freie Vitamin D und die Fettsäuren der Erythrozytenmembran untersuchen lassen. Genauer gesprochen wären das das Vollblut-Mineralstoffprofil mit den 11 Mineralstoffen und 6 toxischen Gegenspielern, sowie bei den B-Vitaminen die Vitamine B1, B6 und B12 und die Folsäure.
Beim Fettsäureprofil würde ich mich nicht auf den Omega-3-Index beschränken, sondern das Gesamtprofil aus ungesättigten und gesättigten Fettsäuren wählen, da diese Ausgangsstoffe für pro- und antiinflammatorische Leukotriene und Prostaglandine sind.
Den Vitamin D-Status sollte man über das freie Vitamin D messen, weil das der bioverfügbare Anteil ist. Die Aminosäuren würden mich persönlich weniger interessieren. Das ist doch eher etwas für Spitzensportler und Ernährungsoptimierer.
Interessant sind natürlich immer Biomarker, die beginnende Schäden im Stoffwechsel zeigen. Dazu gehören solche wie HbA1c und die AGEs für den Zuckerstoffwechsel oder MDA-LDL als Biomarker der Lipidperoxidation im Körper infolge eines oxidativen Stresses, um hier nur drei Marker zu nennen.
Wir bedanken uns herzlich bei Dr. von Baehr für die aufschlussreichen Einblicke in die Arbeit des IMD Berlin. Das Institut leistet mit der Kombination aus bewährter Labordiagnostik und innovativer Forschung nicht nur einen wichtigen Beitrag zur medizinischen Versorgung, es ist auch ein zuverlässiger Partner für alle Longevity-Enthusiasten. Wir freuen uns, in Zukunft über weitere Entwicklungen und Fortschritte des Instituts berichten zu können. Für Fachfragen zur Labordiagnostik steht das Team des IMD Berlin gerne zur Verfügung.

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Über das IMD Berlin
Labormedizin auf höchstem Niveau
Das Institut für Medizinische Diagnostik Berlin (IMD Labor Berlin) hat sich seit seiner Gründung vor mehr als 25 Jahren als einer der führenden Labordienstleister in der Region Berlin/Potsdam etabliert. Das IMD vereint umfassende Labordiagnostik mit spezialisierter Expertise und bietet ein breites Spektrum an Untersuchungen aus allen Bereichen der Labormedizin einschließlich Mikrobiologie an.
Spezialisierte Diagnostik und Forschung
Was das IMD Berlin besonders auszeichnet, ist die Kombination aus bewährter und innovativer Spezialanalytik. Das Labor ist Experte für ausgewählte immunologische Spezialbereiche und dient als kompetenter Ansprechpartner für Ärzte und Kliniken in ganz Deutschland.

Höchste Qualitätsstandards
Das IMD Berlin ist seit 1996 durch die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) akkreditiert und erfüllt die Norm DIN EN 15189 für medizinische Laboratorien. Die Qualitätssicherung folgt den aktuellen Standards und umfasst alle Teilschritte der Laborprozesse – vom Probentransport über die Analyse bis zur Befundübermittlung.
Die analytische Qualität und fachliche Kompetenz werden durch kontinuierliche Weiterbildung und einen intensiven Wissensaustausch mit universitären Einrichtungen sowie Kompetenzzentren gesichert. Dies macht das IMD zu einem Labor, in dem individuelle Patientenversorgung und Forschung Hand in Hand gehen.
Autoren dieses Artikels:
Sabrina und René Bergmann:
Longevity Coaches | Buchautoren | Gesundheitsexperten
